Dina Andersen

Willensstarke Visionärin

Dina Andersen macht unsere Arbeitswelt schöner. Wenn wir das Glück haben, für ein Unternehmen zu arbeiten, das sie beauftragt. Als Innenarchitektin schafft sie Räume, die eine „artgerechte Haltung für Kreativität“ ermöglichen. Dabei geht es ihr nicht darum, sich selbst zu verwirklichen. Es geht ihr um die Menschen, die diese Räume täglich nutzen und sehr viel Lebenszeit darin verbringen.

Wir haben sie getroffen. Auf der Treppe der Neuen Pinakothek in München. Dabei wird eines schnell klar: sie sagt, was sie denkt. Ohne Umschweife. Für ihre Aufträge holt sie ihre Kunden gerne aus der Komfortzone. Das ist unbequem. Aber genau das macht sie seit 15 Jahren äußerst erfolgreich.

Auf die Frage nach ihrem Traum stellt sie schon mal klar, dass sie mit dem Wort nicht viel anfangen kann. Sie spricht lieber von Leitsternen oder auch Visionen. Wir haben es trotzdem versucht.

Für mich muss ein Traum abstrakt sein, damit er viel zulässt und sich verändern kann. Man sollte sich ihm so annähern, dass es eine deutliche Verbindung gibt. Ist er zu präzise, könnte das nach hinten losgehen. Das engt nur ein und stresst. Ob er kraftvoll ist, merkt man, wenn man sich selber daran reibt und hinterfragt. Wenn du irgendwann feststellst, er ist gar nicht mehr resonant, dann solltest du auch bereit sein, zu sagen: Okay, das ist es nicht mehr.

Dina Andersen wartet nicht passiv ab, sondern gestaltet aktiv ihr Leben und stellt sich dabei Fragen, die sie weiterbringen: „Welche Leute suche ich mir für die Zusammenarbeit aus? Welche Projekte mache ich? Welches Wissen eigne ich mir an?“ Und es ist auch nicht schlimm, wenn man mal einen Umweg einlegt, denn es „kann nicht nur darum gehen, die ganze Zeit einem einzigen Ding hinterherzujagen. Ich möchte jetzt niemandem zu nahe treten, aber Menschen, die diese Dreijahres- und Fünfjahrespläne machen, die verpassen zu viel und übersehen Dinge, die sie ihrem Traum näherbringen könnten.“

Ein wesentlicher Punkt ist dabei die Kommunikation. Wer eine Vision umsetzen möchte, muss sie klar formulieren können. Erst für sich selbst, dann für andere. Oft muss man ja auch andere davon überzeugen. Sie mitnehmen auf diese Reise. „Kommunikation ist auch ein Prüfstand – ein Double Check.“

Auch wenn sie das Wort Traum nicht mag, Dina Andersen hat ein inneres Bild: „Ich stehe am Wasser. Es ist warm und ich schaue in die Ferne. Ich tausche mich mit anderen Menschen aus. Ich trage etwas bei. Ich schreibe. Details sind mir nicht so wichtig, also ob es da ein Haus gibt oder was auch immer. Bedeutender ist für mich das Gefühl von geistiger Weite und neuen Herausforderungen. Das mag ich.“

Irgendwann wird sie sich diesem Bild nähern. „Ich glaube, dass ich in meinem Leben alles unterbewusst in diese eine Richtung schiebe. Alles, was zu sehr davon ablenkt, mache ich nicht. Da bin ich knallhart. Vielleicht ist es weniger ein Anschieben, sondern ein Ziehen. Ja, es zieht mich förmlich dahin.“ Nur jetzt ist sie noch nicht bereit dazu. „Weil da ganz viel Ruhe ist, die ich selber so jetzt noch nicht auf die Reihe kriege. Im Idealfall habe ich bis dahin so viel wilden Kram gemacht, dass es dann auch mal gut ist.“

Sie ist eine Sinnsuchende und wenn er fehlt, kommt es zum Bruch. So wie damals, als sie nach dem Studium wahnwitzige Projekte wie die Ausstattung von Yachten oder Flugzeugen umsetzt. Privatwohnungen und Häuser folgten, dann die Krise: Wozu das Ganze? Während einer fundierten Coaching-Ausbildung wird ihr bewusst, dass es „einfach um das Grenzenziehen geht“. Sie möchte nicht mehr reine Ausstattungen machen, sie sucht und findet eine Nische: Sie nennt sie Corporate Interior Design. Eine bewusste Abgrenzung zur oberflächlichen Dekoration oder zur reinen Funktionalität von Räumen. In ihrer Nische fühlt sie sich sehr wohl. Und wenn sich eines ihrer Projekte mit Leben füllt und ihre Idee eine Eigendynamik bekommt, dann wird aus der gestellten Aufgabe „rückwärts ein Traum. Das macht mich wahnsinnig glücklich.“

Interview: Caroline Pusch
Fotos: Deniz Saylan